Nach einer Nacht im gefühlt kleinsten Bett der Welt („sleeping on the edge“) haben wir uns unter fachkundiger Führung von Herrn H. (siehe dazu auch den Post aus Aberdeen - Notiz an mich, der Link muss aktualisiert werden!) ein full cooked scottish breakfast gegönnt, nachdem die Truppenteile den Hügel neben dem Haus erklommen und eine größere zweistellige Zahl von Zecken eingesammelt haben. Ich hab derweil herausgefunden, dass das Wasser in unserer Dusche nicht so recht ablaufen will- so kommt hier jedem seine Aufgabe zu.
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| Hügel am Cottage |
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Breakfast
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Leider wurden wir auch heute wieder von schlechtem Wetter verschont und mussten deshalb Pläne für einen #majesticblue Draussentag schmieden. Das geht am besten mit einem Planungswhisky, also ab nach Bowmore. Für Herrn H. und mich als große Fans von deren Whisky schon fast so etwas wie ein Kindheitstraum (auch wenn wir tatsächlich erst später zum Whisky gefunden haben).
Bowmore selbst ist mehr oder weniger die Hauptstadt von Islay mit ca. 800 Einwohnern, markant ist die Hauptstraße, die von der Küste bis zu einer Kirche geht.
In der Distillery wird noch viel Wert auf Tradition gelegt und das obwohl jährlich ca. 1,8 Mio Liter Spirit destilliert werden. Folglich werden ca. 70% des Malzes zugekauft, der Rest wird on site gemacht. Dafür gibt es mehrere Malting floors, in der die Gerste zum Keimen gebracht wird. Man benutzt Summer Barley aus dem letzten Jahr (es gibt eine jährliche Ernte) vom Festland und hat nach der „Barley Crisis 2018“ aufgrund des warmen Sommers derzeit etwas mehr Aufwand beim herauszaubern der Stärke. Früher wurde das Wenden der Gerste mit einer Holzschaufel gemacht, weshalb die entsprechenden Arbeit sogenannte Monkey Shoulders bekommen haben. Heute macht das eine Maschine.
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| Bowmore Malting Floor |
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| Keimende Gerste |
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| Torf vor dem Ofen |
Danach geht‘s ab in die Räucherkammer, the Kiln. Über 60 Stunden wird bei verschiedenen Temperaturen geräuchert, wobei davon 18 Stunden Torf in den Rauch gegeben wird um das „peaty aroma“ herein zu bekommen. Der Torf stammt von Islay, man benötigt ca. 3 Tonnen in der Woche und dafür wird für ca. 100 GBP ein Stück Land gemietet. Das Islay zum Großteil aus Torfboden besteht würden die Vorkommen für etwa die nächsten 20.000 Jahre reichen.
Das selbst geräucherte Malz und das zugekaufte wird dann gemischt, gemahlen und ab in die Mash Tun, das Modell ist hier etwas größer als in Arran.
Danach geht’s dann in die Pine Oak Washbacks, wir haben Stück gezählt, die alle nach ehemaligen Brennereibesitzern benannt sind. Und weil heut Muttertag ist, hab ich auch den passenden fotografiert.
Nach dem Mahlen kommt es dann auch auf die Mischung der einzelnen Bestandteile an, um einerseits genug Zucker und Stärke für die Weitere Verarbeitung zu haben und andererseits die Raucharomen aus der Schale nicht zu verlieren.
In der nächsten Fertigungsstufe haben wir auch hier vier Brennblasen und einen Spirit Safe von 1924 (oder war es 1925?). Es ist ein interessanter Gedanke, dass jeder seitdem in Bowmore gebrannteWhisky dort durchgelaufen ist. Auch die sehr geliebten und gelobten Bowmore Dark (Flasche geht schonmal für 25.000 GBP weg) und der teuerste und älteste Bowmore- 1957 abgefüllt und über 50 Jahre gereift. Es gab davon zwölf (12!) Flaschen, die letzte steht unverkäuflich hier. Und für etwa 100.000 Pfund bekommt man dann immerhin eine mundgeblasene Flasche dazu.
Jeden Montag werden übrigens von den Still Men der Safe und die Brennblasen poliert. Bewahre was du hast!
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| Der älteste und teuerste Bowmore |
Und was mal ein guter Whisky werden will muss erstmal ins Fass.
Bowmore lagert teilweise noch vor Ort, aber alles passt hier auch nicht mehr hin. Es werden verschiedene Fasstypen benutzt- soweit nix besonderes. Aber auch hier stellt man immer mehr fest, dass es nicht mehr einfach ist, an Sherry Fässer zu kommen. Die Kosten liegen etwa bei 800 bis 1.200 Pfund für das Stück. Im Vergleich: ein Bourbonfass liegt bei etwa 60 GBP. Und ja- wir reden von leeren Holzfässern. Das hatten wir seinerzeit bereits in Glen Farclass gelernt (gern hier den Post nachlesen - Anmerkung an mich: auch hier den Link korrigieren!).  |
| Bourbon casks links, Sherry casks rechts |
Und am Ende? Macht man das alles für einen ordentlichen Dram. Wir hatten drei, den 12-, 15- und 18-jährigen. Was soll ich sagen? Probiert sie alle. Wer Whisky mag kommt an Bowmore nicht vorbei. Man muss einen getrunken haben!
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| Und natürlich darf auch das bekannte Foto der Brennerei seitens der Küste nicht fehlen |
Ohne konkreten Reiseplan, ein paar lose Ideen (und etwas Whisky ;-)) im Kopf sind wir weiter in Richtung Machrie Hotel and Golf Course gefahren. Kleidungstechnisch vermutlich etwas aus dem gedachten Klientel fallend gab’s ein leckeres Drei-Gänge-Menü zum Mittag und danach ein erstes Mal eine Runde Golf für einige von uns. Danke an Herrn H., der die Platzreife und die nötige Geduld hat, uns zum einen oder anderen Erfolgserlebnis zu verhelfen. Zumindest für mich steht jetzt fest: ich mach einen Golfkurs. Fetzt. Probiert das mal! Aber lasst es euch erklären- zumindest waren es für mich keine intuitiven Bewegungen, es hatte was mit Affen und Brust raus zu tun und auch mein seit einigen Tagen etwas geschundener Rücken hat glaube erheblich zum am Ende dann doch ganz guten Abschlag beigetragen.
Im Anschluss haben wir uns nochmal nach Port Ellen begeben. Die Distillery ist seit den 80ern ja leider geschlossen und seit den 1990ern auch ihre Lizenz los (weshalb man auch für deren Whisky mittlerweile kleine Vermögen bezahlen kann), aber sie hat noch eine Mälzerei für die anderen Distillen. Die sieht man auch, wenn man sich an mehreren Friedhöfen (die offenbar ein beliebtes Hasenquartier sind) bis zum Port Ellen Lighthouse durchschlägt. Neben Port Askaig ist das der zweite noch regelmäßig angefahrene Fährhafen der Insel.
Und weil es noch hell war sind wir dann noch in Richtung American Monument durchgewurschtelt. Das sollte so ziemlich der südlichste Punkt der Insel sein- für uns war es heut auf jeden Fall der windigste. Nochmal eine Spur schärfer als auf der Fähre. Frau S. hat mit Unterstützung von Herrn P. ihr Ziel verfolgt, sich ein Lämmchen für ein Selfie zu fangen, allerdings stellt sichheraus,dass die Schafe wohl lieber von der Klippe springen als bei diesem Spielchen mitzumachen.. schade. Aber zumindest für uns lustig anzusehen. (Regulatorischer Hinweis: Für diesen Blog wurden keine Tiere gefoltert, verletzt oder getötet. Und zumindest bisher kamen auch keine Menschen zu Schaden. Alle Namen sind frei erfunden, die Geschichten aus dem Gedächtnis nacherzählt. Für alles Weitere kontaktieren Sie bitte meinen Anwalt auf der Insel Jura.)
Das Monument liegt in einem kleinen Naturschutzgebiet namens Oa wenn man so will („The Reserve is a working farm where agriculture goes hand in hand with wildlife and it has done for centuries“).
Das Monument selbst wurde in Andenken an ca. 709 tote Amerikaner errichtet, die in 1918 auf zwei Schiffen in der Nähe uns Leben kamen.
Am Ende des Tages sind wir wieder in unserem Cottage, Frau S. zerlegt in chirurgischer Präzision eine Mohrrübe und wir überlegen uns wie es auf unserer Distillery Tour weiter geht. Herr P. war heute unser Fahrer und hat uns nochmal mit seinen präzisen Einparkqualitäten überrascht- seht selbst:
Ich überlege mir jetzt noch ob ich die heutige Nacht vielleicht im Gitterbett bei Herrn H. und Frau S. verbringe. Das Bett ist nicht größer aber hat immerhin natürliche Grenzen.
In diesem Sinne: gute Nacht!
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